Mit einem Dreiliter-V6-Biturbo, der zusätzlich über einen elektrischen Verdichter verfügt, zeigt Audi, was aus dem Selbstzünder noch herauszuholen ist. Die Eckdaten: 385 PS und 750 Newtonmeter Drehmoment. Damit übertrifft der neue Motor den 313 PS starken, bisherigen Spitzen-V6-TDI von Audi bei weitem – und schlägt sogar den Reihen-Sechs-Zylinder-Diesel von BMW, der mit drei Abgas-Turboladern 381 PS und 740 Nm aus ebenfalls drei Litern Hubraum holt.
Geheimnis der Audi-Maschine ist ein von Valeo zugelieferter elektrischer Kompressor, der innerhalb von 100 Millisekunden reagiert und beim Anfahren und Gasgeben bis zu zwei Sekunden lang mit bis zu 70.000 Umdrehungen pro Minute (U/min) zusätzliche Luft in die Brennräume befördert. Damit kompensiert er die turbotypische Anfahrschwäche und die für einen Diesel charakteristische Trägheit vollständig. Tatsächlich agiert dieser TDI mit einem Biss, der auch einem sportlichen Ottomotor gut anstünde.
Eingesetzt hat Audi diesen Motor, der noch ein Prototyp ist, in einem RS5. Diese sportlichste Ableitung der A5-Baureihe ist normalerweise mit einem 450 PS starken 4,2-Liter-V8 ausgerüstet. Doch der Wechsel zum Selbstzünder wird am Steuer des RS5 TDI nicht als Verzicht wahrgenommen. Beim Ampelstart kann der Prototyp auf den ersten Fahrzeuglängen mit einem weitaus stärkeren RS6-Benziner mithalten, und noch beeindruckender ist, wie ansatzlos er Befehle vom Gaspedal bei Zwischenspurts umsetzt.
Es ist Audi außerdem gelungen, den Dreiliter-TDI frei nach oben drehen zu lassen. Hochgeschaltet wird bei 5.500 U/min. Subjektiv glaubt man, dass noch einiges mehr ginge. Mit technischer Unterstützung durch jeweils einen Lautsprecher links und rechts an den Auspuffendrohren liefert der RS5 TDI zudem eine Geräuschkulisse, die einem großvolumigen Ottomotor ähnelt. „Der Unterschied zu einem Benziner ist kaum mehr zu hören“, freut sich Audi-Entwicklungsvorstand Dr. Ulrich Hackenberg.
Geschaltet wird über einen ZF-8HP-Wandlerautomaten – das Audi-eigene Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe wäre mit dem brutalen Drehmoment des V6 TDI überfordert. Übrigens können sich auch die Fahrleistungen sehen lassen. Der Sprint von 0 auf 100 km/h dauert vier Sekunden, 160 km/h sind in knapp 10 Sekunden erreicht und die 200-km/h-Marke fällt in unter 16 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 280 km/h.
Übrigens konnte der Spritverbrauch gegenüber dem regulären V6-Biturbo nochmals abgesenkt werden. Unter dem Strich dürfte der RS5 TDI im Zyklus weniger als fünf Liter pro 100 Kilometer konsumieren. Der elektrische Verdichter benötigt übrigens ein separates 48-Volt-Bordnetz, keine ganz triviale Angelegenheit.
Zwar hat Audi den neuen Motor in einem RS5 eingesetzt. Der Serieneinsatz dürfte jedoch zunächst im Q7 erfolgen. Ob es einen Dieselmotor zukünftig auch in einem RS-Modell geben wird, hängt von der Kundenreaktion ab. Passen würde er gut – und Audi würde sich damit als Vorreiter profilieren.
Es gibt noch einen weiteren Unterschied zwischen Audi und der Konkurrenz von BMW und Mercedes: Die Vorstellung des ultrastarken V6-Turbodiesel bedeutet bei den Ingolstädtern nämlich nicht, dass die Tage des V8 TDI gezählt seien. Der wird in seiner nächsten Evolutionsstufe auf weit über 400 PS gehoben. Selbst über einen V10 TDI denkt man bei Audi offen nach. (ampnet/jm)