Bei der Entwicklung des aktuellen M4 hat sich BMW wahrscheinlich weiter vom Ausgangsmodell entfernt als je zuvor. Im Vergleich zum regulären 4er hat BMW die M-Version massiv geändert – zum Beispiel mit Alu-Lenkern an der Vorder- und Hinterachse, einem verschraubten Hilfsrahmen hinten, eigenen Getrieben und einer neuentwickelten Servolenkung. Diese Änderungen sind auf der Straße und auf der Rennstrecke höchst wirksam, aber sie stehen unter der Prämisse hoher Ansprüche an Komfort und Alltagstauglichkeit. Einige Kunden sind jedoch bereit, hier Abstriche in Kauf zu nehmen, um das Fahrzeug im extremen Einsatz nochmals deutlich nachzuschärfen. Für sie hat BMW jetzt den M4 GTS vorgestellt – ein in limitierter Stückzahl von nur 700 Einheiten gebautes Derivat. Wer sich in den vergangenen Jahren als vorbildlicher Kunde der M GmbH profiliert hat, hat mit viel Glück die Einladung erhalten, einen GTS bestellen zu dürfen – für über 130.000 Euro. Für alle anderen gilt: Leider ausverkauft.
Und das ist schade. Denn der M4 GTS ist tatsächlich der wohl außergewöhnlichste und anspruchsvollste M4 (und M3) bis dato. Entwickelt für die Rennstrecke, dabei jedoch zulassungsfähig und straßentauglich, wurde das Sondermodell nochmals tiefgreifend an Chassis, Antrieb und Karosserie verändert. Resultat: Ein trotz verschiedener Zusatzumfänge um 30 Kilogramm verringertes Gesamtgewicht – und ein erheblich aggressiverer Fahrzeugcharakter.
Sogar das Herzstück des M4 haben sich die Ingenieure der M GmbH in Garching vorgenommen: Um auf den 331 kW / 450 PS starken M4 mit Competition-Paket nochmal 50 PS aufzusetzen, verfügt das Aggregat nun über eine Wassereinspritzung. Die aus dem Rennsport und aus der Tuning-Szene bekannte Technik hilft, die Ansaugtemperatur erheblich abzusenken; damit kann ein Motor auf Leistung oder niedrigen Kraftstoffverbrauch hin optimiert werden.
Beim M4 GTS lag der Anspruch selbstverständlich auf Hochleistung. Dennoch liegt der (Norm-) Verbrauch bei ausgesprochen günstigen 8,5 Litern pro 100 Kilometer. Die technische Umsetzung erfolgt mittels 5-Liter-Wassertank im Kofferraum und einem Einspritzsystem, bei dem drei Hochdruck-Injektoren jeweils zwei Zylinder bedienen.
Erfreuliches Resultat sind glatte 500 PS und 600 Newtonmeter Drehmoment. Damit sprintet der M4 GTS in 3,8 Sekunden auf 100 km/h und erreicht eine Spitze von 305 km/h. Dieser Wert ist wie bei den anderen M-Modellen künstlich abgeregelt, was bei einem Rennauto etwas kurios anmutet. Ein Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe ist Serie, den Sechs-Gang-Handschalter gibt es hier leider nicht.
Das Fahrwerk ist mit einem eigenständigen Räder-/Reifen-Sortiment ausgerüstet: Vorn sind 265/35 R19-Reifen aufgezogen, hinten bringen 285/30 R20-Reifen die Kraft auf die Straße. Für stolze 12 000 Euro Aufpreis gibt es Kohlefaser-Felgen, mit denen die ungefederten Massen erheblich verringert werden. Dem Vernehmen nach hat sich die Hälfte der GTS-Kunden für diese kostspielige Option entschieden.
Ein manuell verstellbares Gewindefahrwerk ist Standard; weitere Änderungen betreffen die Vorderachskinematik sowie die Lenksäule, die um ein elastisches Element erleichtert wurde und damit nochmals direkter anspricht.
Tatsächlich ist der M4 GTS ein puristischer Racer von ungewöhnlicher Schärfe und Aggressivität. Der Zweisitzer vibriert förmlich vor Energie, die Leistung ist deutlich unmittelbarer spürbar als beim regulären M4, und die Reaktionen auf Fahrerbefehle kommen schneller und nochmals präziser. Dazu passt die Vier-Rohr-Auspuffanlage aus Titan, die bar jeder Zurückhaltung agiert. Und die Stabilitätskontrolle, die sich selbstverständlich komplett deaktivieren lässt, erlaubt im Sport-Modus derart ausgeprägte Driftwinkel, dass unvorbereitete Fahrer einen gehörigen Schrecken bekommen können. Experten jedoch – und ambitionierte Amateure – können den GTS in Kurven perfekt mit der Hinterachse positionieren.
Der Fahrerplatz hebt sich deutlich vom regulären M4 ab: Die Rennsitze mit Kohlefaser-Rahmen umschließen Fahrer und Beifahrer perfekt, und beim kostenlos verfügbaren Clubsport-Paket gibt es obendrein einen Sechspunkt-Gurt, einen Feuerlöscher und einen Überrollkäfig. Die frugale Türverkleidung nutzt die gleichen Materialien wie das leichte Öko-Auto i3, statt eines Zuziehgriffs gibt es eine Textilschlaufe, und die Armaturentafel ist mit einem Alcantara-Streifen dekoriert.
Natürlich ist das Sondermodell auch von außen eindeutig zu identifizieren. Mit einer eigenständigen Kohlefaser-Motorhaube, einem verstellbaren Frontspoiler und großem Heckflügel verströmt der GTS eine dunklere Aura als das Serienmodell. Die Rückleuchten wiederum sind geradezu futuristisch: Hier verbaut BMW organische OLEDs, die nicht nur ein extrem homogenes Licht emittieren, sondern auch als sehr schlanke Lichtelemente gestaltet werden konnten. Die teuren und derzeit unter Laborbedingungen produzierten Leuchten könnten in Zukunft auch in größeren Stückzahlen zum Einsatz kommen.
Während die OLED-Rückleuchten ein absoluter Hingucker sind, lässt sich dies von der verfügbaren Farbpalette nicht behaupten: Es gibt den M4 GTS in Weiß, Grau, Mattgrau und Schwarz. Wer bestellt hat, darf in den nächsten Monaten mindestens 142 600 Euro nach München überweisen – und sich vermutlich auf eine Wertentwicklung einstellen, die steil nach oben weist. Allen anderen sei empfohlen, sich einmal den normalen M4 mit dem Competition-Paket anzuschauen. Und sei es nur, um die Chancen zu verbessern, beim nächsten Spezialmodell auf der Liste zu stehen. (ampnet/jm)
Daten BMW M4 GTS
Länge x Breite x Höhe (m): 4,69 x 1,87 x 1,38
Radstand (m): 2,81
Motor: R6-Benziner, 2979 ccm, Bi-Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 368 kW / 500 PS bei 6250 U/min
Max. Drehmoment: 600 Nm bei 4000–5500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 305 km/h (abgeregelt)
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 3,8 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 8,5 Liter
CO2-Emissionen: 199 g/km (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: 1510 kg / 390 kg
Kofferraumvolumen: 445 Liter
Wendekreis: 12,2 m
Räder / Reifen: 9,5 J x 19 / 265/35 R 19 vorn, 10,5 J x 20 / 285/30 R 20 hinten
Luftwiderstandsbeiwert: 0,34
Preis: 142.600 Euro