Nicht jede hohe Sitzposition gleicht der anderen. Es ist immer eine Charakterfrage. Im Tiguan sitzt man hoch. Aber dieses Wort stapelt zu tief für einen Audi Q7. Die Beschreibung „erhaben“ passt dagegen eher zum Range Rover. Am besten trifft beim Audi Q7 der Begriff „abgehoben“. Kaum hingeschrieben wird klar, dass dieser Begriff beim Q7 mehr charakterisiert als nur die Sitzposition. Wir erfuhren das im fünfsitzigen, 333 PS starken Audi Q7 3.0 TFSI Quattro mit Luftfederung.
Auf seinen mächtigen 20-Zöllern steht er mit 1,74 Meter Höhe da. Mit meinen 1,83 Metern begegnet er mir auf Augenhöhe; ich kann gerade übers Dach gucken. Dennoch habendie Designer es geschafft, ihn nicht wie einen Felsblock für die Verkehrsbrandung zu gestalten. Tritt man ein paar Schritte zurück, nehmen die gestreckte Silhouette, die starken Längsakzente und die Fensterflächen dem Q7 optisch viel von seiner Masse. Aber mit mehr als zwei Tonnen Leergewicht, einer Länge von 5,05 Metern und fast zwei Metern Breite wird er auf Deutschlands Autostraßen eine Ausnahmeerscheinung bleiben. Dabei bemüht er sich mit längerer und weniger bullig wirkender Motorhaube, flacherem Grill, anschließenden schmalen LED/Matrix-Scheinwerfern und größeren Fensterflächen um ein freundlicheres Gesicht als sein bewusst beeindruckend bis bedrohlich ausschauender Vorgänger.
Sicher werden Freunde des alten Q7 bedauern, dass der mit dem Modellwechsel auch gleich seinen Charakter gewechselt hat. Der Neue wirkt so, als wolle er nicht länger die Rolle eines Räumpanzers auf der linken Spur übernehmen. Er gibt sich gesitteter und bescheidener, weil ihn seine Designer mehr im Mainstream platziert haben. Aber angesichts der Motorleistung von 245 kW / 333 PS bleibt dieser Q7 ein Wolf im Schafspelz, der in 6,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h sprinten kann und sein hohes Drehmoment von 440 Newtonmetern (Nm) über einen breiten Drehzahl für seine Acht-Gang-Automatik zum Spurt bereithält.
Fordert der Fahrer den Spurt, klingt der Sechszylinder sportlich kernig, lässt er es, hört er den Motor nicht. Dieser Wolf kann so gut gleiten, dass ein Fahrer leicht vergessen kann, was außer der ungewöhlich leisen Fahrt noch so alles im Q7 steckt. Unterhaltungen in normaler Lautstärke sind auch bei Tempo 200 noch möglich, weil sich auch die Abroll- und die Windgeräusche zurückhalten. Das liegt sicher nicht nur an dem lärmabsorbierenden Glas aus der Aufpreisliste. Der Q7 bietet vier Fahrmodi an: Eco, Auto, Dynamic und Individual. Doch auch unter „Dynamic“ gibt’s nichts auf die Ohren. Gaspedal und Schaltung reagieren dann rascher und halten höhere Drehzahlen vor. Die Luftfederung reagiert dann allerdings ein wenig hölzern.
Wir beugten uns der Erfahrung, dass Audi für den Fahrmodus „Auto“ meist das optimale Verhalten anbietet und sind damit mal wieder gut gefahren, übrigens auch schnell, wenn die Autobahn das zuließ. Am Ende hatten wir einen Durchschnittsverbrauch von 11,6 Litern Super auf der Uhr, gemessen am NEFZ-Verbrauch von im Schnitt 7,7 Litern eine Menge mehr, gemessen an der Fahrleistungen des Zweitonners mit permanentem Allradantrieb auf der Autobahn: ein angemessener Expresszuschlag.
Der Innenraum überzeugt auch bei diesem Audi; ansehnliche Eleganz ohne Pomp und Protz. So langsam gelangen wir zu der Meinung, dass die Innenraumdesigner bei Audi mehr Eindruck hinterlassen als die für die Außenform zuständigen Kollegen: Die Fachwelt spekuliert schon lange, wann Audi die ausgefahrenen Gleise seines Außendesigns verlassen wird. Vom Innenraum hört man nichts dergleichen. Besonderen Gefallen fanden wir am virtuellen Cockpit, den sehr bequemen Individualkontursitzen mit Massagefunktion und Belüftung und den Ausblick auf das Dashboard mit den Luftausströmern über die ganz Breite sowie den edlen, vorbildlich verarbeiteten Materialien und dem Wrap-around-Design von B-Säule zu B-Säule. Das ist eine geschlossene Einheit, die gleichzeitig Vergnügen und Vertrauen verbreitet.
Vertrauen ist auch keine schlechte Grundlage für eine innige Bekanntschaft mit dem Audi Q7. Denn in Sachen Elektronik kann Audi so viel, dass die Freaks sich nicht einigen können, wer zur Zeit dazu in Deutschland vorn liegt. BMW oder Audi? Da halten wir uns raus und stellen fest: Was immer wir an Funktionen suchten, fanden wir auch: Spracheingabe, Eingabe mit dem Finger über ein Touchscreen, klassisch mit dem Dreh-Drück-Steller, Internet auch als Hotspot, Ladeschale fürs Handy und so vieles mehr, dass die Zeit unserer Bekanntschaft nicht ausreichte, alles zu nutzen. Gestört hat uns nur eine Kleinigkeit, über die andere schmunzeln mögen: Der Dreh-Drück-Steller liegt ungünstig weit vorn und auch noch im „Griffschatten“ des Automatik-Wählhebels.
Bei der Vielzahl der Assistenzsysteme fühlten wir uns teilweise schon überbetreut, so als müssen man uns an die Hand nehmen. Zum Beispiel in einer Situation, in der die Navi meint, man solle die Autobahn verlassen, das eigene Ortswissen es aber besser weiß. Dann bremst der Wagen an der Ausfahrt, auch auf der linken Spur. Diese sogenannten prediktiven Maßnahmen, die so handeln, als wüssten sie es besser als wir, können nerven. Höhepunkt waren ein roter Tannenbaum an Warnlichtern, ein penetranter Ton und eine Vollbremsung aus dem Nichts, als wir einem Linksabbieger nach rechts ausweichen wollten und dabei dem Straßenrand und einem Busch dahinter zu nahe kamen.
Wir werden uns an solch ungewollten Reaktionen gewöhnen müssen, wenn wir wollen, dass uns die Systeme auf der Fahrbahn und am Leben halten, wenn da nicht ein Busch am Straßenrand steht,sondern ein Bus. Wir alle werden und an die Sicherheits- und Assistenzsysteme gewöhnen und die Assistenzsysteme an uns. Warten wir’s ab.
Der Audi Q7 zeigt mit seinen Systemen fürs teilautonome Fahren, auch denen fürs vorausschauende, prediktive Verhalten, mit dem fast geräuschlosen Gleiten in einem großzügigen, edel möbliertem Ambiente voller High-Tech schon einmal eine der angenehmen Seiten des autonomen Autofahrens auf. Wenn kein Fahrspaß möglich ist, kann sich der Fahrer den Systemen und dem Komfort überlassen. Wenn die Bahn frei ist, kann er so frei sein, seinen Pferdchen einen Galopp zu gestatten. Wer das alles heute schon in einem Q7 erleben möchte, muss wissen, auch das hat seinen Preis, im Falle unseres Testwagens genau 101 480,01 Euro (nach Liste).
Übrigens: die Ladekante liegt zwar tiefer als beim Vorgänger, aber immer noch bei ungewöhnlich hohen 79 Zentimetern. Da kommt dann „abgehoben“ von „anheben“. (ampnet/Sm)
Daten Audi Q7 3.0 TFSI Quattro Tiptronic
Länge x Breite x Höhe (in m): 5,05 x 1,97 x 1,74
Radstand (m): 2,99
Motor: V6-Benziner, 2995 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 245 kW / 333 PS bei 3800 U/min
Max. Drehmoment: 440 Nm von 2900 – 5300 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,1 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 7,7 Liter
CO2-Emissionen: 189 g/km (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: min. 2045 kg / max. 965 kg
Kofferraumvolumen 850–2075 Liter
Max. Anhängelast: 3500 kg
Wendekreis: 11,8 m
Reifen: 285/45 R 20
Luftwiderstandsbeiwert: 0,325
Basispreis: 54 580 Euro