Kombis sind zumeist wenig aufregend – müssen sie auch gar nicht sein. In erster Line sollen sie mit praktischen Werten überzeugen, um Familie und Gepäck von A nach B zu transportieren. Allerdings geht es auch anders. Das zeigt der Shooting Brake Pro Ceed von Kia.
Dynamische Werte und viel Design bringt inzwischen eine alte, neu definierte Kutschenform in das Segment der Familientransporter. Die gute alte Shooting Brake, einst für britische Adelige mit ausgeprägten Jagdtrieb entwickelt, fährt jetzt mit dem Kia Proceed in die Kompaktklasse. Bisher war diese eher seltene Karosserieform, bei der sich Coupé- und Kombi-Elemente zu einem flachen und gestreckten Design verbinden, allein im Premiumbereich unterwegs. Als erster Volumenhersteller Kia diese Form jetzt bei Volumenmodellen.
Mit einer Höhe von gerade mal 1,42 Meter ist der jüngste Zuwachs in der Ceed-Modellfamilie der Flachmann im Kompaktsegment. Dennoch kommen auch XL-Menschen im Heck gut unter. Obwohl nur geringfügig länger als der klassische Ceed-Kombi lässt die flache Silhouette den Proceed deutlich gestreckter wirken. Die Frontpartie gestalteten die Designer noch passend zum Rest der Ceed-Baureihe. Ansonsten gingen sie aber ganz eigene Wege, die am Heck in einem eigenständigen Lichtband endet, das leicht an den Porsche Panamera erinnert.
Dass Form und Funktion nicht immer eine Einheit bilden, zeigt das extrem flach gestellte und schmale Heckfenster, das den Blick nach hinten nur geringfügig unterstützt. Zum Glück ist eine Rückfahrkamera an Bord, die Klarheit in das Geschehen bringt.
Im Innenraum setzt sich der stylische Auftritt fort. Hier erlagen die Kreativen des Hauses aber nicht der Versuchung, Funktionalität gegen Design auszuspielen und so sind die wichtigsten Bedienelemente da, wo man sie vermutet. Zudem strahlt der Innenraum eine gelungene Mischung aus Gediegenheit und Dynamik aus. Lediglich dem zentral platzierten Sieben-Zoll-Bildschirm für Navigation und Infotainment hätte man einen eleganteren Auftritt gegönnt. So wirkt er wie nachträglich montiert. Doch irgendwie muss es ja noch Raum für die Überarbeitung bei der Modellpflege geben. Die Materialien hinterlassen einen hochwertigen und gut verarbeiteten Eindruck und die Sitze gewähren guten Seitenhalt und eine angenehm lange Auflage.
Für den Antrieb spendierten die Kia-Entwickler dem Pro Ceed drei Motoren – ein Diesel (1,6 Liter, 136 PS) und zwei Turbo-Benziner (1,4 Liter, 140 PS und 1,6 Liter, 204 PS). Bei ersten Testfahrten rund um Barcelona erwies sich der leistungsschwächere Benziner als vollkommen ausreichend. Mehr PS braucht auch ein Shooting Brake nicht. Zwar schießt der so motorisierte Proceed beim ersten Beschleunigen nicht wie eine Gewehrkugel in den Verkehr, doch reicht die Kraftentfaltung in Kombination mit dem Standard-Sechsganggetriebe (DCT-Automatik kostet 2.000 Euro Aufpreis) aus, um durchaus dynamisch unterwegs zu sein.
Lediglich beim spontanen Beschleunigen im sechsten Gang lässt sich der 140-PS-Motor etwas lange bitten, was sich allerdings mit einem zügigen Runterschalten ausgleichen lässt. Der 204 PS starke Topmotor ist noch eine Spur dynamischer und lässt sich auch mit der Siebengang-Automatik rasant bewegen. So ausgerüstet spielt der Kia in der automobilen Leistungssportgruppe problemlos mit. Dieses Triebwerk bringt auch den ebenfalls vor dem Verkaufsstart stehenden Ceed GT auf Touren.
Das Pro-Ceed-Fahrwerk wurde für die zusätzliche Dynamik aufgerüstet, was sich durch eine durchaus sportliche Abstimmung bemerkbar macht. Die Insassen sind zwar stets bestens über den Straßenzustand informiert, doch gelang den Entwicklern eine gute Mischung aus sportlicher Härte und Komfortwerten, so dass der Pro Ceed zu den angenehmen Vertretern der sportlichen Kompaktmodelle gehört. Dank der präzisen Lenkung und der aufwendigen Fahrwerkskonstruktion stellt der Proceed seinen Fahrer nicht vor Probleme und zieht unaufgeregt seine Kreise. Offensichtlich haben sich die vielen Testfahrten auf der Nürburgring-Nordschleife ausgezahlt.
Auch die Aerodynamiker haben gut gearbeitet, denn die Insassen werden von Windgeräuschen auch bei Autobahngeschwindigkeiten weitgehend verschont. So weit die gute Nachricht. Denn statt des Windes übernehmen nun Abrollgeräusche – vor allem auf rauen Asphalt – die mitunter lästige akustische Hauptrolle. Könnte auch ein Fall für die Modellpflege werden.
Kia ist noch immer ein koreanisches Unternehmen, doch der neue Proceed ist so europäisch wie kaum ein anderes Modell der Marke. Entwickelt und entworfen wurde er im europäischen Entwicklungs- und Designzentrum und produziert wird das Modell im slowakischen Kia-Werk. Und, um das europäische Element auf die Spitze zu treiben, wird er ausschließlich in Europa in den beiden Varianten GT Line und GT angeboten.
Der Pro Ceed kommt mit einer vollständigen Ausstattung zu den Kunden, zu denen auch ein gut gefülltes Paket mit Assistenzsystemen gehört, die je nach Version Aufpreis kosten, wie ein Stauassistent, adaptive Geschwindigkeitsregelanlage, Frontkollisionswarner, aktiver Spurhalteassistent, Querverkehrswarner und Verkehrszeichenerkennung sowie ein intelligentes Parksystem. Die Preisliste beginnt bei 27.690 Euro für den Pro Ceed GT Line mit dem 1,4 Liter Turbo. Der GT mit dem 204 PS starken Motor beginnt bei 31 190 Euro. (ampnet/ww)
Daten Kia Pro Ceed GT Line
Länge x Breite x Höhe (m): 4,6 x 1,80 x 1,42
Radstand (m): 2,65
Motor: R4-Benziner, 1353 ccm Turboaufladung, Direkteinspritzung
Leistung: 103 kW / 140 PS bei 6000 Umdrehungen
Max. Drehmoment: 242 Nm bei 1500 – 3200 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 210 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 9,1 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 5,9 – 5,7 Liter
Effizienzklasse: B
Leergewicht/Zuladung: 1378 kg / 462 kg
Kofferraumvolumen: 594–1545 Liter
Max. Anhängelast: 1050 kg
Wendekreis: 10,60 m
Bereifung: 225/45 R17
Garantie: Sieben Jahre (bis 150 000 Kilometer)
Basispreis: 27.690 Euro