Genug Zeit hatten die Audi-Entwickler ja, um den neuen Q7 auf die Spur zu bringen. Schon 2009 begannen die Arbeiten an der zweiten Modellgeneration – und da war es längst an der Zeit, über ein neues Modell nachzudenken: Schon im Januar 2003 war der Ur-Q7 als Studie Pikes Peak gezeigt worden und 2005 auf den Markt gekommen.
Dass nach dem Projektstart 2009 nochmals sechs Jahre ins Land zogen, hat allerdings gute Gründe: Zum einen wechselte Audi in diesem Zeitraum zweimal den Entwicklungschef, und in beiden Fällen nahmen sich die Vorstände das Auto noch einmal gründlich vor. Außerdem ist der Q7 das Pilot-Fahrzeug für die zweite Generation der MLB-Architektur, die für den VW-Konzern sehr wichtig ist: Sie dient als Grundlage für zukünftige Modelle von Audi, VW, Bentley und Porsche. „Der neue Q7 muss sehr sauber in die Produktion eingeführt werden“, sagt Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg. Und es gibt noch eine weitere Erklärung: Das Vorgängermodell war bis zum Schluss so erfolgreich, dass keine große Eile bestand. Mehr als eine halbe Million Einheiten des hochpreisigen Geländewagens hat Audi abgesetzt.
Ein derartiges Erfolgsmodell braucht keine falsche Bescheidenheit an den Tag zu legen, und so ist wohl auch der höchst selbstbewusste Auftritt des neuen Spitzen-SUV von Audi zu erklären. Zwar ist der Fahrzeugkörper etwas weniger voluminös ausgefallen als bisher; die Gesamtlänge ist um wenige Zentimeter geschrumpft. Dies wird jedoch überkompensiert durch die pompöse Kühlermaske und die stark ausgeprägten Kotflügel, die den Quattro-Antrieb optisch betonen sollen.
Am besten gefällt uns der Q7 in der Basisausführung mit unlackierten Flächen an der Unterseite der Karosserie. Die Zweifarbigkeit hilft, die hohen Flanken zu kaschieren – was der silbernen „Türaufsatzleiste“ an der Unterseite der Türen nur unzureichend gelingt, wenn das Auto einfarbig durchlackiert ist. Bei den Rädern sind zwischen 18 und 21 Zoll möglich, und erst mit 20- oder 21-Zoll-Felgen wirken die Proportionen stimmig.
Kaum zu glauben, dass der Neue – je nach Version – um bis zu 325 Kilogramm leichter ausgefallen ist als bisher. Der Wechsel von der früheren Geländewagen-Plattform auf eine Pkw-Architektur bringt strukturell erhebliche Gewichtseinsparungen mit sich. Alleine bei den Achsen spart Audi über 70 Kilogramm Gewicht ein. Auch die Karosserie, die weitgehend aus Aluminium besteht, ist viel leichter als beim Vorgängermodell.
Wo weniger Gewicht bewegt werden muss, steigt die Effizienz. So ist es Audi im Zusammenspiel mit besseren Motoren gelungen, dem Q7 deutlich moderatere Trinksitten anzuerziehen. Die Einstiegsmotorisierung, ein keineswegs frugaler 3,0-Liter-Sechszylinder mit 160 kW / 218 PS, verbraucht ganze 5,5 Liter Diesel pro 100 Kilometer (nach NEFZ). Trotzdem würden wir von dieser Version abraten, denn in seiner 200 kW / 272-PS-Variante konsumiert der 3.0 TDI kaum 0,2 Liter mehr. Andererseits gewinnt der Q7 mit dem Sprung zum stärkeren Diesel deutlich an Souveränität. Der Spurt von 0 auf 100 km/h dauert hier nur 6,3 statt 7,4 Sekunden, die Spitzengeschwindigkeit steigt von 216 auf 234 km/h.
Nochmals besser kann es der 3,0-Liter-Ottomotor mit mechanischem Roots-Kompressor, der unter der irreführenden Bezeichnung TFSI vermarktet wird. Die 245 kW / 333 PS starke Spitzenmotorisierung treibt den Q7 in 6,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h und weiter bis auf glatte 250 km/h. Besonders eindrucksvoll ist dabei das verzögerungsfreie, sehr agile Ansprechverhalten, und der Fahrspaß wird durch die leicht kehlige Akustik nochmals gesteigert. Kehrseite ist der höhere Verbrauch, wenngleich Audi auch hier mit 7,7 Litern im EU-Zyklus einen guten Wert erreicht. Alle Motoren sind mit einer ZF-Acht-Gang-Automatik gekoppelt.
Der neue Q7 kann nicht nur Längs-, sondern auch Querdynamik. Das serienmäßige Stahlfahrwerk war nicht zu testen, doch die von uns gefahrenen Varianten mit adaptiver Luftfederung zeichnen sich nicht nur durch hohen Abrollkomfort aus, sie lassen sich auch wie eine Sportlimousine über die Pässe jagen. Bequem wird es, wenn die Fahrprofile „efficiency“, „comfort“ oder „auto“ vorgewählt werden; im Modus „dynamic“ schärft sich der Charakter spürbar. Auf der Autobahn sorgt eine 1150 Euro teure Allradlenkung für noch mehr Spurstabilität; bei niedrigen Geschwindigkeiten verkleinert das System den Wendekreis. Ein Allradantrieb ist Serie; er kann variabel zwischen 30 und 85 Prozent der Kraft an die Hinterachse leiten, im Normalfall ist die Auslegung mit 40:60 leicht hecklastig.
Übrigens gibt es auch zwei Gelände-Fahrprofile, mit denen sich die Bodenfreiheit auf bis zu 24,5 Zentimeter anheben lässt. Damit kommt der Q7 abseits befestigter Wege so weit, dass Audi auf die Entwicklung einer Hardcore-Variante mit Geländeuntersetzung verzichtet hat.
Dirigiert wird der Q7 von einem Cockpit aus, das in seiner Klasse die Funktion der Messlatte übernehmen dürfte. Mit eleganten, horizontalen Linien, sehr hochwertigen Materialien und einem intuitiven Bedienkonzept liefert der Geländewagen hier die Designführerschaft, die man beim Exterieur vermisst. Besonders sportlich wirkt das TFT-Kombiinstrument, das gegen Aufpreis erhältlich ist und entsprechenden Systemen im TT und im neuen R8 entspricht. Hinzu kommt ein schlanker, ausfahrbarer Bildschirm in der Fahrzeugmitte.
Fahrer und Passagiere sitzen bequem und mit viel Bewegungsfreiheit; selbst in der optionalen dritten Sitzreihe ist ausreichend Platz. Der Einstieg nach ganz hinten geht allerdings nicht ohne Verrenkungen ab. Übrigens ist der Q7 so leise, dass die Stereo-Anlagen sehr gut zur Geltung kommen. Dabei muss es nicht das teure Bang&Olufsen-System sein. Schon das viel günstigere Bose-Paket bietet sehr gute Klangeigenschaften.
Zu den Vorzügen des Q7 gehört eine Vielzahl elektronischer Assistenzsysteme. Sie dienen sowohl der Sicherheit als auch der Effizienz – und dürfen als wichiger Schritt auf dem Weg zum autonomen Fahren interpretiert werden. Für gute Sicht sorgen serienmäßige Xenon-Scheinwerfer oder die optionalen LED- bzw. Matrix-LED-Einheiten.
Obwohl der Q7 einen großen Schritt nach vorn getan hat, gehört er demnächst nicht mehr zur absoluten Spitze. Denn das SUV-Segment erweitert sich mit den kommenden Modellen von Bentley, Mercedes-Maybach und Rolls-Royce nach oben. Deshalb – und auch, um die Käufer der V8- und V12-Varianten des Vorgängers weiter bedienen zu können – plant Audi, die Baureihe um einen V8-TDI, vermutlich auch um einen V8-Turbo-Benziner und eventuell sogar einen W12-Turbo-Benziner zu erweitern. Noch vorher kommen die trotz ihres hohen Gewichts sparsamen Plug-in-Hybride auf den Markt, die je nach Markt auf einem Vier-Zylinder-Ottomotor oder einem V6-TDI basieren.
Die Vielzahl der bereits zum Marktstart verfügbaren Optionen und die hervorragende Qualität der Testfahrzeuge belegen den hohen Reifegrad des neuen Q7. Das Warten, soviel steht fest, hat sich gelohnt. Ab Juni steht der Q7 bei den Händlern; der 3.0 TDI mit 272 PS kostet 60.900 Euro, der 3.0 TFSI 2.000 Euro mehr. Der 218-PS-TDI wird nachgereicht. (ampnet/jm)
Daten Audi Q7 3.0 TDI
Länge x Breite x Höhe (m): 5,05 x 1,97 x 1,74
Radstand (m): 2,99
Motor: V6-Benziner, 2967 ccm, Turbolader, Direkteinspritzung
Leistung: 200 kW / 272 PS bei 3250 – 4250 U/min
Max. Drehmoment: 600 Nm bei 1500 – 3000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 234 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 6,3 Sek.
ECE-Durchschnittsverbrauch: 5,7 Liter
CO2-Emissionen: 149 g/km (Euro 6)
Leergewicht (o. Fahrer) Zuladung: 1995 kg / 770 kg
Kofferraumvolumen (dachhoch): 890 – 2075 Liter
Max. Anhängelast: 2700 (mit Luftfederung: 3500) kg
Räder / Reifen: 8,0 J x 18 / 255/60 R 18
Luftwiderstandsbeiwert: 0,32
Preis: 60.900 Euro